Das Parfüm
Gestern war es also dann soweit, und wir konnten gemeinsam Das Parfüm im Kino sehen. Schon vor gut 4-5 Jahren habe ich das Buch gelesen, und war damals doch sehr begeistert über die einfacher aber fesselnde Erzählung über Jean-Baptiste Grenouille.
Die Lebensgeschichte eben jenes Menschens aus dem 18. Jahrhundert wird von Geburt an begleitet, und so erfahren wir wie aus einem Waisenkind ein junger Mann mit besonderer Begabung wird: Grenouille hat einen aussergewöhnlichen Geruchssinn, und ist geleitet von dem Wunsch den perfekten Duft herzustellen und alle Düfte der Welt zu erkunden. Dabei kommt ihm auch zu Gute, dass er selbe keinen Körpergeruch hat - was aber ihn aber wiederum sozial gesehen zu einem Aussenseiter werden ließ. So schlägt sich Grenouille durch das dreckige Paris von Anstellung zu Anstellung, bis er schließlich in die Geheimnisse der Parfümierung eingeweiht wird, und seinem Ziel nahe zu kommen scheint - natürlich nicht, ohne auf dem Weg ein paar Leichen zwecks Geruchsgewinnung zu hinterlassen...
Das Buch lebt von der Erzählerstimme und der detailgetreuen Beschreibung der Umgebung und der Gerüche. Beim Lesen hatte ich beinahe das Gefühl, die beschriebenen Gerüche vor mir zu sehen - und war fasziniert von der verrückten, sonderbaren Art Grenouilles - und wollte das Buch durchlesen um in seine Gedankenwelt einzutauchen und diese seine Welt zu entdecken - mitsamt der Grausamkeiten und den Rechtfertigungen Grenouilles.
So etwas in einen Film zu transportieren, ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Daher waren meine Erwartungen an Das Parfüm eher, in die Bildwelt der Geschichte einzutauchen und mit meinen Erinnerungen an das Buch zu verflechten.
Wie haben Eichinger und Tykwer also nun Das Parfüm umgesetzt? Natürlich mit einigen Kürzungen: Die Passage von Grenouilles Resozialisation ist komplett geändert, Details und Reihenfolgen teilweise umgeworfen (die Hinführung zum Waisenhaus, seine Erlebnisse in der Höhle) - aber grundsätzlich doch recht nah an der Vorlage. Einige Veränderungen gab es, die ich etwas sinnlos fand: Das Haus Baldinis erlebt ein anderes Schicksal als im Buch, und anstelle eines Hundes vergeht sich Grenouille an einer Katze. Aber gut, das verbuche ich mal unter filmischer Freiheit.
Die Wahl der Schauspieler ist gut gelungen, gerade die (beiden) Mädchen strahlen durchaus die Art von Unschuld aus, die man beim Lesen des Buches erwartet. Ben Whishaw als Grenouille konnte mich im Vorhinein wenig begeistern, aber im Nachhinein war er schon keine schlechte Wahl - seine Mimik und Gestik passten schon recht gut.
Was mir weniger gefiel war jedoch die Ausrichtung seines Charakters: Während man im Buch eigentlich ein egozentrisches, kühles Ekel erwartet scheint der Tykwer-Grenouille eher um Verständnis des Publikums zu buhlen. Angestrengt versucht der Film eine romantische Idylle um ihn herum zu spinnen und ihn in ein Liebes-Leitmotiv einzuführen, was mir anhand der Buchvorlage gänzlich unverständlich ist. Ich erwartete keine Idealisierung und vor allem keine Versöhnung mit dem Publikum - doch das führt Tykwers Parfüm eigentlich vor. Würde man das Buch nicht kennen, so hätte ich zentrale Charakterpunkte Grenouilles wohl anders wahrgenommen. Im Film sieht man einen unsicheren, leicht infantilen Burschen, mit dem man beinahe Mitleid hat.
Weiter aber zu den guten Punkten des Films: Die Optik ist für eine deutsche Produktion erstaunlich düster und detailreich gelungen. Gerade der Anfang des Films begeistert mit rohen Bildern, verdreckten Straßen und einem riesigen Paris. Genau für diese Optik wollte ich den Film sehen, und ich bin nicht enttäuscht worden.
Als Ergänzung zum Buch ist dieser Film sehr gut gelungen - als Film alleine krankt er an den üblichen Schwächen einer Buchumsetzung, nämlich sowohl Kennern als auch Nichtkennern etwas bieten zu wollen und etwas "eigenes" einbringen zu wollen. Die Eigeninterpretation harmoniert da nicht ganz mit meinem Bild Grenouilles, aber ich kann es durchaus gelten lassen.
Fazit:
7 IMDB-Punkte für eine der besseren Buchumsetzungen, wenn auch mit stärkeren Abzügen in der B-Note.