Erinnert sich hier noch jemand an
Final Fantasy: The Spirits Within von 2001? Damals technisch ein absoluter Break-through mit halbwegs realistischem Rendering. Der Film hat die Latte von menschlicher CG spürbar nach oben gelegen, die Story-Ansprüche an solche Filme allerdings in unterirdische Dimensionen verfrachtet. Der Film war, zumindest für mich, ein einziger Brainfuck.
Jetzt, fast 7 Jahre später, kommt erst der nächste Feature-Film heraus, der sich erneut wagt, einen 3D-Film zu produzieren. Diesmal aber auch mit eingescannten Gesichtstexturen und Modelldaten von bekannten Hollywooddarstellern (
Anthony Hopkins,
John Malkovich). Nebensächlicher "Unique Selling Point", der in der Werbung ganz gerne versucht wird nur beiläufig zu erwähnen, aber faktisch sicher für mehr als 50% der Besucher verantwortlich ist:
Angelina Jolie mit einer Full-Frontal-Nudity-Szene.
Nachdem ich innerlich den Kampf zwischen "Buargh, sicher üble Story" und "Hey, mal checken wie der Stand der 3D-Technik ist" überwunden hatte, ging's gestern also in
Beowulf. Der Film schlägt in dieselbe Kerbe wie
300: Martialischer Film mit Fantasy-Anleihen, viel Heldentum und Monstern. Genauer: Ein Unwesen namens Grendel läuft in einem kleinen Dörfchen dänischer Trunkbolde Amok und dezimiert die Belegschaft. Das findet der König verbesserungswürdig, also engagiert er den vielbesungenen Helden Beowulf gegen geringe Bezahlung sein Monster-Problem zu beseitigen. Der Held sagt kurzerhand zu, und versucht das Monster zu besiegen - findet aber gleichzeitig heraus, dass die Herkunft des Monsters eine mysteriöse Verbindung mit dem Dorf zu haben scheint...
Beowulf haben wir im Cinedom im 3D-Kino gesehen, was mir anfangs bei der Reservierung garnicht bewusst war. Dafür war dann die Erwartungshaltung um so größer, ob die ausgehändigten Shutter-Brillen den Film zu einem noch größeren Ereignis werden lassen sollten.
So sieht man die zahlreichen Speerspitzen, Waffen und Brüste förmlich über den Filmrand auf einen zukommen - für mich mal ein ganz neues Kinoerlebnis. Das Auge gewöhnt sich relativ schnell an die neue Sichtweise, auch wenn man etwas Probleme hat die unterschiedlichen Tiefenebenen der Filmhandlung zu unterscheiden. Entgegen normaler Filme fehlt hier jegliche Tiefen-Unschärfe, da man ja als Zuschauer selber bestimmen kann, welchen Teil des Geschehens man scharf sehen möchte. Weiterer Nachteil ist, dass der Film sehr grün/gelbstichig wird, die Hautfarbe zumindest sah immer sehr ungesund aus und nicht unbedingt vom Film berücksichtigt. Nach 2 Stunden mit der Brille ist man auch recht angestrengt, denn gerade schnelle Kamerafahrten bereiten was Kopfschmerzen.
CG-Technisch hat mich Beowulf jedoch nur mäßig begeistert. Der Teaser erweckte bei mir den Eindruck, man könne die 3D-Charaktere kaum noch von echten Personen unterscheiden. Tatsächlich klappt das jedoch leider noch recht gut, es gibt kaum eine Szene die einem perfekte Wirklichkeit vorspielen kann. Höchstens die Gesichtstexturen und Haare wirken sehr detailiert. Auch die Bewegung der Charaktere ist oft glaubwürdig, aber es fehlt immer noch der letzte Rest, der Feinschliff in den Gesichtsmuskeln und in der Stoffbewegung. So gibt es einige Szenen, in denen ein nackter Beowulf hin- und herschwingt, aber sich sein Bauchfell kaum beim Sprechen regt.
Jetzt aber zum eigentlich Überraschenden des Films: Er lässt sich storytechnisch richtig genießen. Das mag an meinen niedrigen Erwartungen gelegen haben, aber die Story ist mal was neues und sticht aus dem Helden-Einheitsbrei heraus. Die Figuren werden natürlich überzeichnet dargestellt, aber sind im Gegensatz zu 300 auch deutlich mit Schwächen und Fehlern ausgestattet. Der Epos des tragischen Heldens geht so für mich absolut auf, und lässt den Zuschauern eine Auseinandersetzung mit grundmenschlichen Zügen der Erwartung, des Betrugs und der Selbstverwirklichung durch machen. Dafür deutlich: Daumen nach oben, die Einflüsse von
Neil Gaiman waren deutlich (positiv) zu spüren!
Ich kann Beowulf als unterhaltsamen Film nur empfehlen, wenn man halbwegs was mit Heldensagen anfangen kann. Und erstaunlicherweise möchte ich den Film eher wegen seiner Story und der sogar netten Gags empfehlen, weniger wegen seiner zeitgemäß-guten 3D-Grafik.
Letztlich hätte der Film für mich in Real vielleicht noch besser funktioniert, denn so verbringt man weite Teile des Films damit, Kleinigkeiten der Darstellung zu bemängeln. Auf der anderen Seite jedoch ist die 3D-Technik richtig gut eingesetzt: Szenische Übergänge, Closeups, Kamerafahrten - all das wirkt wie ein echter Film, und nicht wie die Diplomarbeit eines 3D-Grafikers oder geekiger Fan-Art wie bei Final Fantasy.
8 IMDB-Punkte, einfach weil der Film so einen positiven Eindruck bei mir hinterließ.