Sonntag, 13. Mai 2007
Familienbande und das Internet
Meine familiären Querverbindungen und Verwandschaftsgrade waren für mich immer ein Buch mit sieben Siegeln.
Als sich meine Eltern getrennt haben und die beiden Seiten immer mehr Keile zwischen sich trieben, hat sich das auch auf meinen kompletten Familienbaum ausgestreckt. Der vorher nur spärliche Kontakt wurde so fast komplett gekappt, auch die sporadischen Ausflüge zu den "anderen" Großeltern waren großflächig auf das Jahr verteilt.
Mütterlicherseits gab es da zumindest Oma und Opa, die ich auch richtig zur Familie gehörig empfand. Welches Kind tut das nicht, wenn man dort das beste selbstgemachte Eis am Plastikstiel in diesen genialen Plastikhüllen, und den besten Bohnensalat ever bekommt?
Dann waren da noch die zahlreichen Geschwister mütterlicherseits, denn Oma und Opa waren im Krieg nicht untätig. In Gedanken schwirrt mir da eine Zahl "9" im Kopf herum. Effektiv namentlich bekannt davon waren mir zwei: Hartmut und Veronika.
Als sich meine Eltern getrennt haben und die beiden Seiten immer mehr Keile zwischen sich trieben, hat sich das auch auf meinen kompletten Familienbaum ausgestreckt. Der vorher nur spärliche Kontakt wurde so fast komplett gekappt, auch die sporadischen Ausflüge zu den "anderen" Großeltern waren großflächig auf das Jahr verteilt.
Mütterlicherseits gab es da zumindest Oma und Opa, die ich auch richtig zur Familie gehörig empfand. Welches Kind tut das nicht, wenn man dort das beste selbstgemachte Eis am Plastikstiel in diesen genialen Plastikhüllen, und den besten Bohnensalat ever bekommt?
Dann waren da noch die zahlreichen Geschwister mütterlicherseits, denn Oma und Opa waren im Krieg nicht untätig. In Gedanken schwirrt mir da eine Zahl "9" im Kopf herum. Effektiv namentlich bekannt davon waren mir zwei: Hartmut und Veronika.
Veronika hatte mindestens zwei Kinder, die damals die mir persönlich einzig bekannten Cousins darstellten. Dennis war der etwas ältere, coole, rothaarige und ebenfalls He-Man-affine Spielkollege. Und die ältere Schwester sollte mir erst später in meiner Schullaufbahn als Französisch-Nachhilfe etwas bekannter werden. Wenngleich auch die Nachhilfe meinem katastrophalen Französisch nur wenig helfen konnte.
Die Kontakte zu dieser Familienseite nahmen irgendwann ein jähes Ende, aus Gründen, an die ich mich heute schon garnicht mehr erinnern kann und vor allem nicht will. Es muss wohl mit der "Verlagerung" der Großeltern ins Seniorenheim zu tun gehabt haben und mit generellen familiären Unstimmigkeiten. Dinge, von denen man als Kind eigentlich keine Ahnung hat und auch keine Ahnung haben möchte, und sich einfach mit dem familiären Bruch einverstanden zeigt.
Eine der wenigen Sachen, die ich familiär einordnen kann war ein gemeinsamer Urlaub mit dem oben erwähnten Onkel Hartmut und Anhang, meinem Bruder und Cousin Dennis.
Hartmut war der coolste Verwandte für mich damals, aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Hartmut war riiiiiiiiiesig groß. Mindestens 2 Meter 30. So kam es mir zumindest damals vor, wenn er mit seinen faktischen 1,95m (oder so) vor mir stand und mich hochhob. Das war das größte für mich kleinen Piefke. Als ich damals wohl so 10 Jahre alt war, war ich totaler Knight-Rider / David Hasselhoff-Fan. Und Hartmut kam dem schon ganz schön nahe, wenn er neben seiner krausen Frisur auch noch eine Lederjacke anhatte.
Hartmut hatte ausserdem einen genialen Job. Was genau er getan hat, wusste ich nicht, aber es hatte mit Versicherungen, einem riesigen alten Bürogebäude mit Marmorböden und viel Geld zu tun. Und welches Kind träumt nicht vom Onkel, der einem dieses ganz besondere elitäre Gefühl gibt?
Hartmut hatte ausserdem bedingt durch seinen Job irgendwie immer Kontakt zu Computern. Und sowas hat mich natürlich ganz gewaltig angezogen. Ganz besonders, weil ich selbst unbedingt einen Computer haben wollte und mir in Ermangelung der Finanzen so ein Ding nach Vorlage des Quelle-Kataloges selber aus Kartons und Hölzern gebastelt habe.
Und dann lädt dieser Onkel uns auch noch zu einem Urlaub nach Frankreich (St. Tropez) ein. Das war für mich damals unvorstellbar, wo alle sonstigen Urlaube eigentlich immer daheim oder an Seen abliefen. Auch wenn es tatsächlich sicher anders war, kam es mir damals so vor als wäre das mein erster echter Urlaub gewesen. Ohne Mutter und Vater ab in ein Land das mir tausende Kilometer entfernt schien, unereichbar. Großartig.
An die Fahrt nach Frankreich kann ich mich noch erinnern, als wäre es gestern gewesen. Eine der einprägsamsten Ereignisse meiner Kindheit, wie wir in Sinzig im Hause meiner Cousins ins Bett gingen um dann mitten in der Nacht wieder aufstehen zu können. Das war wie Silvester und Geburtstag gleichzeitig. Dann die Autofahrt im dunklen - irgendwann sahen die Autobahnen ganz anders aus, die Mittelstreifen wurden gelb, wie auch die Beleuchtung. Fest in der kleinen Kinderhand Rokkor, als Geschenk von der Mama für eine bessere Fahrt.
In Frankreich erinnere ich mich an den riesigen Ferien-Trailerpark, den ewig breiten, weißen Sandstrand. Den daneben gelegenen FKK-Strand, der so ganz knapp bei mir zwischen Desinteresse, Schamgefühl und Interesse rangierte. Der grüne, saftige Rasen neben der Wohnung auf dem ich gemeinsam mit Dennis und einer riesigen Lupe versucht Feuer zu machen. Die Nachtgeschichten von Onkel Hartmut über die Entstehung des He-Man Schwertes.
Dieses unvergessbare Erlebnis wurde nach dem Urlaube beinahe noch getoppt durch den sporadischen Kontakt zum Onkel, der irgendwann beiläufig erwähnte, er könne ja mal versuchen mir einen ausrangierten Computer zu verschaffen. Da konnte ich meinen Ohren kaum glauben und dachte tagein, tagaus an nichts anderes als tatsächlich endlich meinen eigenen Computer kriegen zu können, etwas, was sonst ganz weit abseits meiner realistischen Weltsicht stand.
Im Tagesrhytmus fragte ich meine Mutter, ob denn schon der Onkel was wegen des Computers gesagt hatte. Es vergingen einige Tage. Es vergingen Wochen. Es vergingen Monate, und es verging der Geburtstag. Und das, obwohl doch der Geburtstag für so ein Geschenk optimal passen würde. Sicher würde mir der Onkel dazu eine Überraschung machen wollen, denn eingeladen war er ja.
Wer hätte wissen können, dass berufliche Verpflichtungen und zeitliche Probleme es zu diesem Geburtstagsgeschenk nie kommen lassen würden.
Mit der Enttäuschung konnte ich mich damals fast noch arrangieren, denn als Wunschdenken hatte ich es schon immer eingestuft. Was mich weitaus mehr enttäuscht hat als der ausbleibende Computer, war der schwindende Kontakt zum Onkel, dessen Versprechen immer spekulativer wurden und irgendwann mit dem Kontakt versandeten.
Vor kurzem dann meldete sich recht spontan ein Onkel väterlicherseits bei mir. Dass ich was mit Internet machen würde, dass wüsste er. Und ob ich nicht dafür zu haben sei, eine Homepage für sein Planungsbüro erstellen könne. Klar könne ich, und so entstand in den letzten Wochen die neue Homepage vom Planungsbüro Hicking.
Bei der Arbeit an der Seite haben wir uns einige Male treffen können und engeren Kontakt herstellen können, über familiäre Dinge plaudern und mal erfahren, was der "andere" denn so getrieben hat.
Das so ein herzlicher und freundlicher Kontakt erst über das Internet wieder hergestellt wird, lässt mich gleich mehrere Dinge lernen. Zum einen, dass man an den Beziehungen seiner Vergangenheit nichts ändern kann, aber an denen der Zukunft. Dass man einfach mal einen Schritt nach vorne tun muss, um an den Schatten längst nicht mehr vorhandener Fronten vorbei zu gehen, sich neu kennen zu lernen. Zu merken, dass die Erinnerung an Dinge auch immer andere Seiten haben können.
Nicht nur man selbst ändert sich, sondern der Andere tut das auch. Und daraus können beide am Ende profitieren.
Und ich bin froh, durch mein eigenbrödlerisches Internet-Tagebuch hier einige unbekannte Leser zu haben, die mir vielleicht durch meine Webseite näher stehen, als ich es vermuten könnte. Mich fasziniert das neue Gefühl von Verwandheit, was ich in letzter Zeit auch durch den Kontakt zu Markus und Jan spüre und demnächst auch sicher in einem von Heiner geplanten Familientreffen zusammenlaufen wird.
Seit ich durch Emba in größere familiäre Bunde eingeführt wurde, weiß ich erst, was es für ein schönes Gefühl ist, seine Wurzeln ranken zu sehen, Gemeinsamkeiten zu entdecken, sich selbst bewusster zu werden und einen Sinn des Lebens abseits von Arbeit, Konsum und bewussten Freundschaften zu spüren.
Gerne mehr davon!
Die Kontakte zu dieser Familienseite nahmen irgendwann ein jähes Ende, aus Gründen, an die ich mich heute schon garnicht mehr erinnern kann und vor allem nicht will. Es muss wohl mit der "Verlagerung" der Großeltern ins Seniorenheim zu tun gehabt haben und mit generellen familiären Unstimmigkeiten. Dinge, von denen man als Kind eigentlich keine Ahnung hat und auch keine Ahnung haben möchte, und sich einfach mit dem familiären Bruch einverstanden zeigt.
Eine der wenigen Sachen, die ich familiär einordnen kann war ein gemeinsamer Urlaub mit dem oben erwähnten Onkel Hartmut und Anhang, meinem Bruder und Cousin Dennis.
Hartmut war der coolste Verwandte für mich damals, aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Hartmut war riiiiiiiiiesig groß. Mindestens 2 Meter 30. So kam es mir zumindest damals vor, wenn er mit seinen faktischen 1,95m (oder so) vor mir stand und mich hochhob. Das war das größte für mich kleinen Piefke. Als ich damals wohl so 10 Jahre alt war, war ich totaler Knight-Rider / David Hasselhoff-Fan. Und Hartmut kam dem schon ganz schön nahe, wenn er neben seiner krausen Frisur auch noch eine Lederjacke anhatte.
Hartmut hatte ausserdem einen genialen Job. Was genau er getan hat, wusste ich nicht, aber es hatte mit Versicherungen, einem riesigen alten Bürogebäude mit Marmorböden und viel Geld zu tun. Und welches Kind träumt nicht vom Onkel, der einem dieses ganz besondere elitäre Gefühl gibt?
Hartmut hatte ausserdem bedingt durch seinen Job irgendwie immer Kontakt zu Computern. Und sowas hat mich natürlich ganz gewaltig angezogen. Ganz besonders, weil ich selbst unbedingt einen Computer haben wollte und mir in Ermangelung der Finanzen so ein Ding nach Vorlage des Quelle-Kataloges selber aus Kartons und Hölzern gebastelt habe.
Und dann lädt dieser Onkel uns auch noch zu einem Urlaub nach Frankreich (St. Tropez) ein. Das war für mich damals unvorstellbar, wo alle sonstigen Urlaube eigentlich immer daheim oder an Seen abliefen. Auch wenn es tatsächlich sicher anders war, kam es mir damals so vor als wäre das mein erster echter Urlaub gewesen. Ohne Mutter und Vater ab in ein Land das mir tausende Kilometer entfernt schien, unereichbar. Großartig.
An die Fahrt nach Frankreich kann ich mich noch erinnern, als wäre es gestern gewesen. Eine der einprägsamsten Ereignisse meiner Kindheit, wie wir in Sinzig im Hause meiner Cousins ins Bett gingen um dann mitten in der Nacht wieder aufstehen zu können. Das war wie Silvester und Geburtstag gleichzeitig. Dann die Autofahrt im dunklen - irgendwann sahen die Autobahnen ganz anders aus, die Mittelstreifen wurden gelb, wie auch die Beleuchtung. Fest in der kleinen Kinderhand Rokkor, als Geschenk von der Mama für eine bessere Fahrt.
In Frankreich erinnere ich mich an den riesigen Ferien-Trailerpark, den ewig breiten, weißen Sandstrand. Den daneben gelegenen FKK-Strand, der so ganz knapp bei mir zwischen Desinteresse, Schamgefühl und Interesse rangierte. Der grüne, saftige Rasen neben der Wohnung auf dem ich gemeinsam mit Dennis und einer riesigen Lupe versucht Feuer zu machen. Die Nachtgeschichten von Onkel Hartmut über die Entstehung des He-Man Schwertes.
Dieses unvergessbare Erlebnis wurde nach dem Urlaube beinahe noch getoppt durch den sporadischen Kontakt zum Onkel, der irgendwann beiläufig erwähnte, er könne ja mal versuchen mir einen ausrangierten Computer zu verschaffen. Da konnte ich meinen Ohren kaum glauben und dachte tagein, tagaus an nichts anderes als tatsächlich endlich meinen eigenen Computer kriegen zu können, etwas, was sonst ganz weit abseits meiner realistischen Weltsicht stand.
Im Tagesrhytmus fragte ich meine Mutter, ob denn schon der Onkel was wegen des Computers gesagt hatte. Es vergingen einige Tage. Es vergingen Wochen. Es vergingen Monate, und es verging der Geburtstag. Und das, obwohl doch der Geburtstag für so ein Geschenk optimal passen würde. Sicher würde mir der Onkel dazu eine Überraschung machen wollen, denn eingeladen war er ja.
Wer hätte wissen können, dass berufliche Verpflichtungen und zeitliche Probleme es zu diesem Geburtstagsgeschenk nie kommen lassen würden.
Mit der Enttäuschung konnte ich mich damals fast noch arrangieren, denn als Wunschdenken hatte ich es schon immer eingestuft. Was mich weitaus mehr enttäuscht hat als der ausbleibende Computer, war der schwindende Kontakt zum Onkel, dessen Versprechen immer spekulativer wurden und irgendwann mit dem Kontakt versandeten.
Vor kurzem dann meldete sich recht spontan ein Onkel väterlicherseits bei mir. Dass ich was mit Internet machen würde, dass wüsste er. Und ob ich nicht dafür zu haben sei, eine Homepage für sein Planungsbüro erstellen könne. Klar könne ich, und so entstand in den letzten Wochen die neue Homepage vom Planungsbüro Hicking.
Bei der Arbeit an der Seite haben wir uns einige Male treffen können und engeren Kontakt herstellen können, über familiäre Dinge plaudern und mal erfahren, was der "andere" denn so getrieben hat.
Das so ein herzlicher und freundlicher Kontakt erst über das Internet wieder hergestellt wird, lässt mich gleich mehrere Dinge lernen. Zum einen, dass man an den Beziehungen seiner Vergangenheit nichts ändern kann, aber an denen der Zukunft. Dass man einfach mal einen Schritt nach vorne tun muss, um an den Schatten längst nicht mehr vorhandener Fronten vorbei zu gehen, sich neu kennen zu lernen. Zu merken, dass die Erinnerung an Dinge auch immer andere Seiten haben können.
Nicht nur man selbst ändert sich, sondern der Andere tut das auch. Und daraus können beide am Ende profitieren.
Und ich bin froh, durch mein eigenbrödlerisches Internet-Tagebuch hier einige unbekannte Leser zu haben, die mir vielleicht durch meine Webseite näher stehen, als ich es vermuten könnte. Mich fasziniert das neue Gefühl von Verwandheit, was ich in letzter Zeit auch durch den Kontakt zu Markus und Jan spüre und demnächst auch sicher in einem von Heiner geplanten Familientreffen zusammenlaufen wird.
Seit ich durch Emba in größere familiäre Bunde eingeführt wurde, weiß ich erst, was es für ein schönes Gefühl ist, seine Wurzeln ranken zu sehen, Gemeinsamkeiten zu entdecken, sich selbst bewusster zu werden und einen Sinn des Lebens abseits von Arbeit, Konsum und bewussten Freundschaften zu spüren.
Gerne mehr davon!
P.S.: mail at garv punkt in
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Hallo Garvin,
eben hat mir Dein Vater nahe gelegt, Deinen Eintrag vom 13.5.07 zu lesen. Du hast ja wirklich tief gegraben, um diese Erinnerungen und Stimmungen in Worte zu fassen. Es freut mich (uns) außerordentlich, daran Teil zu haben. Wir haben die "Neuentdeckung" der verwaisten Familienzweige mit den Worten manifestiert, "es ist für uns eine Bereicherung, Euch kennen zu lernen".
Wir freuen uns schon auf Sonntag.
Den Mauszeigen finden wir übrigens auch ziemlich cool.
eben hat mir Dein Vater nahe gelegt, Deinen Eintrag vom 13.5.07 zu lesen. Du hast ja wirklich tief gegraben, um diese Erinnerungen und Stimmungen in Worte zu fassen. Es freut mich (uns) außerordentlich, daran Teil zu haben. Wir haben die "Neuentdeckung" der verwaisten Familienzweige mit den Worten manifestiert, "es ist für uns eine Bereicherung, Euch kennen zu lernen".
Wir freuen uns schon auf Sonntag.
Den Mauszeigen finden wir übrigens auch ziemlich cool.