Einer der weiteren zähligen (man beachte bitte die treffend-kühne Abwesenheit der Silbe "un"!) Vorteile einer Grippe ist, dass man sich mittags so dermaßen langweilt, seine Todo-Filmliste schon dreimal leidenschaftslos durchgeblättert hat, und sämtliche Computerspiele zuviel Wachheit erfordern - und als Ergebnis dann sogar noch Mittagsfernsehen schauen kann.
Moment, sagte ich Vorteile?
Immerhin, selbst unter Vermeidung sämtlicher Klingeltonwerbespots, Gerichtssendungen und Talkshows sind sogar die Boulevard-Magazine von heute (Punkt tsssswölf, Sam, Taff) so dermaßen inhaltlos, dass man gut und gerne beim mehrfachen Wenden eines benutzten Taschentuchs mehr über die Welt lernt.
Aber ich wollte ja auf etwas spezielles hinaus.
So sah ich heute bei SAM ("Siehste, Arbeitlos am Mittag?", "So ain Mist", "So Arme Menschen") einen Bericht über die potentielle Pädophilen-Annäherungsversuche am Spielplatz.
Dort wurde ein üblicherweise als Anti-Aggressionscouch beschäftigter Mann im Anzug gezeigt, wie er mit versteckter Kamera die Kinder von beängstigten Müttern zum Mitgehen überredet.
Nicht genug, dass man nochmal im Fernsehen darauf hinweist, dass solche Triebtäter tatsächlich derart agieren - in den folgenden Minuten des Beitrags sieht man komplett echte Dialoge zwischen Pseudo-Pädo und den Kindern.
Ausschnitte wie "Ich zeig Dir mal die Tolle XXX-Barbie, die ist da hinten in meinem Koffer" und weiteres sind sicherlich eine hervorragende Bastel-Anleitung für den geifernden, arbeitslos vor'm Fernseher sitzenden, der sich bisher nie was gescheites zum Anreden der Kinder ausdenken konnte.
Noch viel furchterregender ist das Fazit des Berichts: 3 von 4 Kindern sind ohne weiteres mit dem Mann mitgekommen. Der Spielplatz war in einem großen Wohngebiet; niemand ist dazwischen gekommen.
Na, eindringlicher kann man den Triebtätern wohl nicht vor's Gesicht reiben: Probiert's ruhig, merkt eh keiner, und die Erfolgsquote ist super!
Da reibe ich mal meine Augen in Fassungslosigkeit, und bin bestürzt über solchen investigativen Gaffer- und Sensations-Journalismus. Schlimm genug sind die sich jährenden Berichte über die Methoden von Einbrechern und Dieben, die auch schon genügend Beispiele für Hobby-Verbrecher leisten.
Aufklärung hin oder her: Es gibt Dinge, über die sollte man aus Menschenkenntnis einfach nicht berichten, schon garnicht in einer Mentalität, der euphorisierend oder motivierend wirkt. Soviel Verantwortungsbewusstsein darf doch schon sein, oder?
Auf der anderen Seite steht dann die Berichterstattung über Kopierschutzumgehung oder Anleitungen zum umgehen von DRM. Eine solche Berichtserstattung ist gesetzlich seit nicht vielen Jahren verboten - solche Lobbyarbeit dürfte man gerne auch mal im sozialen und öffentlich-kriminellen leisten, und mal überlegen ob es nicht sinnvollere Verbote als diese gäbe.