Gestern in der Sneak den Film
In The Cut gesehen.
Franny Thorstin (Meg Ryan) ist eine klassische "Downtown"-Literaturlehrerin und Hobbyautorin. Gemeinsam mit ihrer Halbschwester Pauline (Jennifer Jason Leigh) diskutiert sie gerne ihre Lebensprobleme und vor allem das Sexualleben der beiden. Und eben solche Lebensprobleme tauchen auf, als eine Frau in einer Kneipe ermordet wurde - die Frannie kurz zuvor noch mehr als lebendig gesehen hatte. Kurz darauf taucht Detective Giovanni Malloy auf, der mit Frannies Hilfe den Mörder der Frau (und auch anderer) zu finden versucht.
Mehr von der Story zu verraten wäre an der Stelle fatal: Der Film lebt von einer ständigen Hilflosigkeit des Zuschauers, der selber nicht erschließen kann worum es in dem Film geht. Es ist eine Mischung aus Neo-Noir, Sozialfilm, Psychokrimi und Sexfilm. Gerade letztere Komponente schockt am Anfang, als man mehr als deutlich einem Oralsex-Closeup beiwohnt. Auch sonst ist der Film nicht gerade sparsam mit Full Frontal Nudity; Meg Ryan ist in ihrer komplett unverhüllten Pracht schon öfter zu sehen, als man eigentlich möchte.
Meg Ryans Aussehen ist durch lange, gerade Frisur für mich etwas ungewohnt; co-produziert von Nicole Kidman hat sie mich ständig an ihr optisches Double erinnert. Sie spielt die zerbrochene, verwirrte und fragile Frau sehr eindrucksvoll und man durchleidet den Film mit ihr. Gerade weil man von ihr sonst eher Mainstreamrollen gewohnt ist, kann sie hier brillieren.
Die Story windet und wendet sich zusehends, ist aber auch von unzähligen Längen durchsetzt, die Emba und mich öfter auf unseren Sitzen hin- und herrutschen ließ. Im Gegenzug waren die spannenden Szenen dann wieder so fesselnd und vor allem verwirrend, so dass man ein ständiges Wechselbad der Gefühle erlebt. In der Mitte des Filmes setzt das klassische "Whodunnit"-Syndrom ein; man vermutet hinter jedem der Figuren den wirklichen Mörder, und kann allerhand interessante Motive hervorzaubern.
Die Dialoge mit den beiden Polizisten sind durchgehend amüsant, und gerade die Flirtsprüche hören sich an wie aus einer üblen Kneipe geklaut.
Was den Film jedoch für mich ausgemacht hat ist die brillante Bildsprache, Optik und Bildkomposition. Die vielen Nahaufnahmen mit extremer Tiefenschärfe und häufig wechselndem Bildfokus wirken so malerisch, dass man jede Einstellung als Foto wahrnehmen könnte - und zentrale Bildmotive ergänzen die Story eindrucksvoll. Der spärlich aber punktgenau eingesetzte Soundtrack, gerade das angstmachende Anfangslied in Form eines verzerrten "Que Sera" macht durchgängig Stimmung.
Wie man an meinem letzten Paragraphen erkennen kann, hat mich der Film grundlegend begeistert. Es ist definitiv kein Mainstreamfilm, und er strapaziert mit seinen Längen und dem eher mäßigen Ende die Nerven des Zuschauers. Wer sich aber auf die imposante Optik und die verworrene Story einlassen kann, wird belohnt! Von mir daher
8 IMDB-Punkte und die Empfehlung, sich den Film anzusehen. Als Warnung sei jedoch noch gesagt, dass gut 20-30 Leute den Film mittendrin kopfschüttelnd verlassen haben; ich schätze das man den Film entweder lieben oder hassen muss.
Für mich ist das eine geglückte Psycho-Variante von
Lost in Translation.