Freitag, 5. Dezember 2003
Sneak: Fremder Freund
Gestern war wieder Sneak-Tag. Nachdem so ziemlich jeder abgesagt hat, mit mir in die Sneak zu gehen, ist wenigstens mein Bruder mir treu geblieben, und hat sich abends mit mir vor dem Kino getroffen. Vorher habe ich noch eine Stunde im Bonner Subway essend gesessen und währenddessen "Blood Canticle" von Anne Rice gelesen. Nur noch 50 Seiten, und dann ist das auch abgehakt. Eigentlich hatte ich mich in's Subway gesetzt weil ich mir dort Wärme erhoffte, aber irgendwie war mein Sitzplatz vom Durchzug gesegnet.
Egal, kommen wir zum wesentlichen Teil. Meine Erwartungen für die Sneak waren eigentlich entweder Shanghai Knights oder Elf.
Wie das in der Sneak aber nunmal so ist, kam natürlich etwas völlig anderes: "Fremder Freund"
Ich würde gerne den sonst üblichen IMDB-Link präsentieren, aber guess what: Es gibt keinen. Auch sonst scheint der Film keine Homepage spendiert bekommen zu haben. Eine Suche nach "fremder freund elmar fischer" in Google bringt ganze 287 Suchergebnisse hervor, die allesamt mit 1-Absatz-Infos über den Film beeindrucken.
Was das für den Film heißt, kann man sich vielleicht bereits selber zusammenreimen.
Egal, kommen wir zum wesentlichen Teil. Meine Erwartungen für die Sneak waren eigentlich entweder Shanghai Knights oder Elf.
Wie das in der Sneak aber nunmal so ist, kam natürlich etwas völlig anderes: "Fremder Freund"
Ich würde gerne den sonst üblichen IMDB-Link präsentieren, aber guess what: Es gibt keinen. Auch sonst scheint der Film keine Homepage spendiert bekommen zu haben. Eine Suche nach "fremder freund elmar fischer" in Google bringt ganze 287 Suchergebnisse hervor, die allesamt mit 1-Absatz-Infos über den Film beeindrucken.
Was das für den Film heißt, kann man sich vielleicht bereits selber zusammenreimen.
Grundlegend ist der Inhalt des Filmes schnell beschrieben: Man erhält Einblick in eine Wohngemeinschaft eines Deutschen mit einem Araber. Die beiden erleben alltägliches mit ihren beiden Freundinnen, bis die Freundin des Arabers ihn mit einem anderen betrügt, und dieser sich dem fundamentalistischen Islam widmet. Das ganze nur, um dann später mysteriös zu verschwinden und die zurückgebliebenen erforschen und glauben lässt, dass der Araber an dem Anschlag des 11.09.2001 beteiligt sei.
Der Film gibt sich als ein chronologisch wild zusammengewürfelter Einblick in das ganz normale Leben einer kleinen Clique, mit den üblichen Beziehungsproblemen und der merkwürdigen "Verwandlung" des Arabers. Nervigstes Merkmal des Filmes ist, dass er wohl mit einer Aldi-Digi-Cam entstanden ist. Das man damit vielleicht den Reality-Charakter schärfen möchte ist ja zu verstehen, aber mit JPEG-Kompressionsartefakten im Kino kann ich einfach keinen Film genießen. Das ist mir echt zu billig.
Diesem "Hey, ich hab ne Digitalkamera und mach jetzt nen Kinofilm"-Trend konnte ich schon bei Motown nichts abgewinnen. Was mir diese mäßige Qualität aber viel stärker vor Augen führte: Ich fand den Film von erster Minute an irgendwie uninteressant, unfesselnd, schlecht gemacht. Trotzdem habe ich es nicht hingekriegt, einfach aus dem Kino zu gehen. Damit ist wohl endlich enthüllt: Sneaks sind was für Masochisten. Einen anderen Grund, warum ich mir den Film angeguckt habe, gibt es wohl nicht. Höchstens der Wunsch, über das Machwerk bloggen zu können, und in diesem Fall müsste man den Umkehrschluß schließen, dass Blogs einem zum Masochisten machen.
Anyways. Zwischendurch heitert der Film mit ein paar kulturellen Gags auf, und man muss laut auflachen, wenn eine so im Einklang geführte Männerfreundschaft portraitiert wird, in der sich die beiden Protagonisten ständig kuscheln und sich gegenseitig so lieb haben.
Natürlich gibt es auch die spannend ersehnte Szene im Film, in der die Fernseher mit der Meldung des World Trade Center-Anschlags warm laufen. Der Hauptdarsteller und seine Freundin werden hier (ohne das Fernsehbild zu zeigen) eiskalt dreinschauend gezeigt. Sie sitzen starrend vor dem Fernseher, und häufige zeitliche Schnitte zeigen, dass das wohl ziemlich lang so ging. Zwischendurch fallen sie sich verzweifelt in die Arme, reden aber kein Wort. Auch als sie miteinander schlafen. Gut, ich finde es ja schön, wie hier die Betroffenheit ausgedrückt wird. Aber ist es realistisch? Denn an diesen Maßstäben muss sich so ein auf Reality getrimmter Film ja messen.
Wenn ich mich an "meinen" 11.09. zurückerinnere weiß ich noch, das mir damals Gerold per ICQ schrieb: "Ey, da ist ein Flugzeug ins WTC geflogen". Da ich das von Gerold erstmal als Scherz aufnahm, habe ich mich nicht weiter gekümmert. In den damaligen Faircom-Büros hatte ich mein Radio eigentlich nie angeschaltet, und war mit tiefsten PHP-Innereien beschäftigt. Also habe ich erst auf dem Rückweg nach Hause, so gegen 19 Uhr, davon gehört. Das hörte sich natürlich alles schon recht drastisch an, und natürlich ist man davon schockiert. Aber ich habe keineswegs so überzogen dramatisch reagiert wie im Film dargestellt. Und ich bezweifle, dass sich das bei jemandem wirklich so geäußert hat. Als ich abends mit Freunden zusammensaß, haben wir uns sogar darüber aufgeregt, dass im Fernsehen nichts anderes läuft, und irgendwo hat man doch trotzdem noch seinen Humor. Wenn wir Menschen immer von allem so extrem betroffen wären, dann könnten wir bei all dem tagtäglichen Leid nicht leben. Insofern finde ich es immer etwas künstlich, wenn man bei so westlichen Ereignissen auf einmal alle Augen aufreißt und so betroffen tut. Aber gut, der Film setzt ja auf die Erfahrungen von 2 Personen, insofern werde ich jetzt keine pauschalierende Meinung ansetzen wollen.
Kommen wir also zur Botschaft des Filmes: Klar, damit wollte der Herr Fischer darstellen, wie "echt" das Problem mit terroristischen Schläfern ist, dass man sie im Alltag einfach nicht erkennt und sogar mit ihnen eine wunderbare Freundschaft führen kann. Dass die Terroristen selbst auch moralische Maßstäbe haben, und nicht nur aus Wahnsinnigkeit handeln, ihre Gründe haben. Dennoch finde ich, dass der Film zu sehr darauf abdriftet zu zeigen, dass hinter jedem unscheinbaren Arraber ja ein Terrorist stecken könnte. Klischees des Waschens, der Arabergoldkette und dem Frauenbild wird jedenfalls brav entsprochen.
Fazit für mich ist, dass der Film zwar wohl "persönlich betroffen" machen soll, aber das bei mir nicht gelang. Für mich hatte der Film keine Botschaft, aber dennoch ist er (nachdem man sich mit der Digicam-Qualität abfindet) in der zweiten Hälfte durch seine Krimi-Handlung ertragbar. Damit kann man eigentlich den ganzen Film zusammenfassen: "Ertragbar".
Den Personen, die jedoch irgendwie einen kulturellen Bezug zu Arabern haben, wird der Film sicher etwas mehr geben. Ich jedoch fände den Film in einer TV-Dokumentationsreihe angebrachter. Die ellenlange kulturelle Filmförderungsliste am Anfang des Filmes ließ ja schon darauf schließen.
3 Punkte für "Good Effort".
Der Film gibt sich als ein chronologisch wild zusammengewürfelter Einblick in das ganz normale Leben einer kleinen Clique, mit den üblichen Beziehungsproblemen und der merkwürdigen "Verwandlung" des Arabers. Nervigstes Merkmal des Filmes ist, dass er wohl mit einer Aldi-Digi-Cam entstanden ist. Das man damit vielleicht den Reality-Charakter schärfen möchte ist ja zu verstehen, aber mit JPEG-Kompressionsartefakten im Kino kann ich einfach keinen Film genießen. Das ist mir echt zu billig.
Diesem "Hey, ich hab ne Digitalkamera und mach jetzt nen Kinofilm"-Trend konnte ich schon bei Motown nichts abgewinnen. Was mir diese mäßige Qualität aber viel stärker vor Augen führte: Ich fand den Film von erster Minute an irgendwie uninteressant, unfesselnd, schlecht gemacht. Trotzdem habe ich es nicht hingekriegt, einfach aus dem Kino zu gehen. Damit ist wohl endlich enthüllt: Sneaks sind was für Masochisten. Einen anderen Grund, warum ich mir den Film angeguckt habe, gibt es wohl nicht. Höchstens der Wunsch, über das Machwerk bloggen zu können, und in diesem Fall müsste man den Umkehrschluß schließen, dass Blogs einem zum Masochisten machen.
Anyways. Zwischendurch heitert der Film mit ein paar kulturellen Gags auf, und man muss laut auflachen, wenn eine so im Einklang geführte Männerfreundschaft portraitiert wird, in der sich die beiden Protagonisten ständig kuscheln und sich gegenseitig so lieb haben.
Natürlich gibt es auch die spannend ersehnte Szene im Film, in der die Fernseher mit der Meldung des World Trade Center-Anschlags warm laufen. Der Hauptdarsteller und seine Freundin werden hier (ohne das Fernsehbild zu zeigen) eiskalt dreinschauend gezeigt. Sie sitzen starrend vor dem Fernseher, und häufige zeitliche Schnitte zeigen, dass das wohl ziemlich lang so ging. Zwischendurch fallen sie sich verzweifelt in die Arme, reden aber kein Wort. Auch als sie miteinander schlafen. Gut, ich finde es ja schön, wie hier die Betroffenheit ausgedrückt wird. Aber ist es realistisch? Denn an diesen Maßstäben muss sich so ein auf Reality getrimmter Film ja messen.
Wenn ich mich an "meinen" 11.09. zurückerinnere weiß ich noch, das mir damals Gerold per ICQ schrieb: "Ey, da ist ein Flugzeug ins WTC geflogen". Da ich das von Gerold erstmal als Scherz aufnahm, habe ich mich nicht weiter gekümmert. In den damaligen Faircom-Büros hatte ich mein Radio eigentlich nie angeschaltet, und war mit tiefsten PHP-Innereien beschäftigt. Also habe ich erst auf dem Rückweg nach Hause, so gegen 19 Uhr, davon gehört. Das hörte sich natürlich alles schon recht drastisch an, und natürlich ist man davon schockiert. Aber ich habe keineswegs so überzogen dramatisch reagiert wie im Film dargestellt. Und ich bezweifle, dass sich das bei jemandem wirklich so geäußert hat. Als ich abends mit Freunden zusammensaß, haben wir uns sogar darüber aufgeregt, dass im Fernsehen nichts anderes läuft, und irgendwo hat man doch trotzdem noch seinen Humor. Wenn wir Menschen immer von allem so extrem betroffen wären, dann könnten wir bei all dem tagtäglichen Leid nicht leben. Insofern finde ich es immer etwas künstlich, wenn man bei so westlichen Ereignissen auf einmal alle Augen aufreißt und so betroffen tut. Aber gut, der Film setzt ja auf die Erfahrungen von 2 Personen, insofern werde ich jetzt keine pauschalierende Meinung ansetzen wollen.
Kommen wir also zur Botschaft des Filmes: Klar, damit wollte der Herr Fischer darstellen, wie "echt" das Problem mit terroristischen Schläfern ist, dass man sie im Alltag einfach nicht erkennt und sogar mit ihnen eine wunderbare Freundschaft führen kann. Dass die Terroristen selbst auch moralische Maßstäbe haben, und nicht nur aus Wahnsinnigkeit handeln, ihre Gründe haben. Dennoch finde ich, dass der Film zu sehr darauf abdriftet zu zeigen, dass hinter jedem unscheinbaren Arraber ja ein Terrorist stecken könnte. Klischees des Waschens, der Arabergoldkette und dem Frauenbild wird jedenfalls brav entsprochen.
Fazit für mich ist, dass der Film zwar wohl "persönlich betroffen" machen soll, aber das bei mir nicht gelang. Für mich hatte der Film keine Botschaft, aber dennoch ist er (nachdem man sich mit der Digicam-Qualität abfindet) in der zweiten Hälfte durch seine Krimi-Handlung ertragbar. Damit kann man eigentlich den ganzen Film zusammenfassen: "Ertragbar".
Den Personen, die jedoch irgendwie einen kulturellen Bezug zu Arabern haben, wird der Film sicher etwas mehr geben. Ich jedoch fände den Film in einer TV-Dokumentationsreihe angebrachter. Die ellenlange kulturelle Filmförderungsliste am Anfang des Filmes ließ ja schon darauf schließen.
3 Punkte für "Good Effort".
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Kommentare
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Hmm sorry dass ich nicht dabei war, um Dich doch vorzeitig aus dem Kino zu schleifen
Anscheinend hast Du an dem Abend im Kino ja mehr gelitten als ich im Fitness-Studio ...
Anscheinend hast Du an dem Abend im Kino ja mehr gelitten als ich im Fitness-Studio ...
hey, moment mal, ne hompage gibts: www.fremderfreund.de. und außerdem ist der film richtig gut, man braucht halt ein bißchen intelligenz dafür und sollte nicht allzu sehr american pie-geschädigt sein.
Wolf: Tatsache, die Seite gibt es. Ich meine, die wäre letzte Woche noch nicht dagewesen, und wenn doch entschuldige ich mich für den Faux-Pas. Trotzdem hat Google sie nicht aufgelistet.
Aber ich finde nicht, dass man für den Film Intelligenz benötigt. Allgemeiner Menschenverstand ohne weiteres Additiv sollte ausreichen. Das das ganze natürlich nicht auf American-Pie Unterhaltung basiert, habe ich ja auch in meinem Beitrag dazu ganz gut herausgestellt.
Aber ich finde nicht, dass man für den Film Intelligenz benötigt. Allgemeiner Menschenverstand ohne weiteres Additiv sollte ausreichen. Das das ganze natürlich nicht auf American-Pie Unterhaltung basiert, habe ich ja auch in meinem Beitrag dazu ganz gut herausgestellt.