Gestern beim Vorabenddahinschlummern habe ich im Galileo-Augenwinkel die Werbung für
Das-Szenario.de gesehen. Werbung dafür fiel mir schon morgens bei Spiegel-Online auf, also habe ich mal reingeschaut.
Auf die Idee kamen gestern wohl auch mehrere tausend andere Benutzer, denn die Seite hat stark gestottert und der Chat war voller Spam-Idioten und Merkbefreiten. Soviel also zur Galileo-Klientel, zu der ich mich natürlich nicht zähle.
Aber ich greife vorweg. Bei der Webseite geht es um ein großangelegtes Experiment, das eine Woche lang dauert. Zwei Brüder (Zwillinge, würde ich sagen) namens Felix und Martin sollen ihren Alltag bestreiten. Martin ganz normal, aber Felix wird interaktiv durch die Community "fremdbestimmt". Per Voting entscheidet das Publikum was er als nächstes tun kann/soll, und dann gibt es auch die ein oder andere Spiel-Challenge, bei der Martin gegen Felix antritt.
Soweit das Konzept. Als ich einschaltete war Felix gerade dabei einen großen Rant darüber abzulassen, dass das Projekt scheiße sei: Die Community würde nur gegen sein Interesse arbeiten, ihn doofe und unnütze Dinge tun lassen und nur auf Spaß und die virtuellen Punkte aus sein. Für ihn habe sich das Ziel dieser Aktion verschoben, er würde das ganze durchziehen, sieht es aber als unnütz an. Spaßig wurde das ganze nicht nur durch Felix' pampige Art, sondern vor allem durch seine treffende Analyse die von dem beteiligten Wissenschaftler/Moderator im Hintergrund versucht wurde zu hinterfragen.
Während der Wissenschaftlicher mit zeimlich peinlichem "Ja, also so ganz habe ich Deine Kritik nicht verstanden" und "Ja, wollen wir dann mal ein Quiz machen?"-Gestammel der Situation nicht wirklich Herr war, ging dann also ein Frage-Quiz los. Es wurde die Frage gestellt, was ein Triptychon ist. Martin musste frei antworten, die Community bekam per Multiple Choice 3 Antworten gestellt. Als Martin falsch antwortete und Felix durch Community richtig, stellte Felix direkt eine Hintergrundfrage - ob es nicht unfair sei, dass Martin keine Multiple Choice Antworten gestellt bekam.
Diese kleine Situation beschreibt "Das Szenario" ganz gut. Die Idee dahinter ist relativ faszinierend. Was passiert in einer virtualisierten Welt, wenn eine Person Avatar-mäßig bestimmt wird? Können Zuschauer so ein Leben ausleben, was ihnen nicht möglich ist? Können Avatare so ihren Alltag bestreiten und durch weniger Entscheidungen glücklicher sein, mehr Action haben?
Technisch gesehen ist das ganze aber ein einziger Fehlschlag; das Videosignal hinkt (immerhin muss ja draußen per UMTS o.ä. gestreamt werden), der Ton fällt öfter aus - und der Community-Chat ist voller Idioten, und die Multiple-Choice "Fernsteuerung" viel zu ungenau.
Richtig Spaß würde das Projekt wohl nur in einer instanzierten Version machen. Eine kleine Community-Gruppe steuert jeweils einzelne Personen, und kann besser in "Echtzeit" eingreifen. So zeigt das Projekt derzeit nur die von mir oft zitierte Dummheit der Masse und geht unter in einem chaotischen Haufen von Leuten, die das Projekt nur als Entertainment-Big-Brother-EkelTV-Ersatz sehen. Trotzdem werd ich zumindest per Audio heute mal etwas dran bleiben.