Dienstag, 15. Juli 2003
Robbiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiie
- 8 Uhr aufstehen. Bin eigentlich ein Langschläfer, und solche Zeiten sind für mich schon früh. Da müsste ich mir von Emba ne Scheibe abschneiden, die hüpft zu der Zeit schon fast putzmunter rum.
9:40 mit dem Zug ab Remagen Hbf Richtung Emmerich. Eine erste Hürde gestaltet sich: Zwar bin ich als glückliches, arbeitendes Mitglied der Gesellschaft mit einer Jobkarte gesegnet, aber mein Schatzi teilt dieses Schicksal nicht. Die RW-Karten enthalten leider erst einen Freifahrtsschein am dem VVR, der ja - wie hinreichend bekannt - erst ab Langenfeld beginnt. Leider befindet sich keine Langenfeld-Auszeichnung auf dem Remagener Kartenautomaten, und der auskunftsbefugte Mitarbeiter der DB schüttelt auch nur den Kopf. Stellt uns dann aber freundlicherweise ein "Automat defekt"-Kärtchen für den nächsten Fahrkartenkontrolleur aus. In der Bahn angekommen werden uns dann die 20 Euro für eine Hin- und Rückfahrt abgeknöpft. Ein fataler Entscheidungsfehler, wie sich später noch offenbaren wird...
Die Zugfahrt an sich gestaltet sich ziemlich angenehm. Ausgerüstet mit c't (für mich) und Das Parfüm (für Emba) kommt da erstmal keine Langeweile im leeren Zugabteil auf.- 11:18 - planmäßige Ankunft am Duisburger HBf. Naja, haben schon schönere Bahnhöfe gesehen. Zumindest der Anschluss an die S-Bahn ist nach kurzem Toilettenbesuch kein Problem
- 11:35 - Abfahrt mit der S-Bahn. Ab hier gesellen sich dann die ersten anderen RW-Besucher hinzu, jedoch sehr spärlich. Noch treibt uns die Hoffnung, früh genug losgefahren zu sein.
- 11:58 - Ankunft in Geeeeelsenkirchen. Na toll, der Bahnhof ist ja noch unspektakulärer. Wir folgen unauffällig einer aus ca. 20 Personen bestehenden Menschenmasse, teilweise mit ManU-T-Shirts verkleidet zum nächsten S-Bahnhof. Eine Bogart oder Bogger, oder wie auch immer die Nahverkehrsnamensgebung hier ist teilt uns die Abfahrt der nächsten Bahn um 12:30 mit. Wunderbar, da reicht uns die Zeit ja für einen erneuten Toilettenbesuch. Die größte Panik, sich nicht genug entleert zu haben. Leider ist der Gelsenkirchener Bahnhof so gut ausgeschildert, dass uns nach einem Fehlanlauf im lokalen McDonald's Store erst nach einigem Herumwandern eine spärliche Toiletteneinrichtung auffällt. Sei's drum.
- 12:30 - Abfahrt in Richtung (zu? nach? auf? in?) Schalke.
- 12:50 - Ankunft. Wunderbar, denken wir, da ist ja echt noch garnichts los. Einige Leute sitzen dum rum, die Parkplätze sind weitestgehend unbesetzt. Jippie, wir werden Robbie fühlen können. Das frühe Dasein macht sich bezahlt, wir wussten es!
- 13:10 - Nach einigem Anstehen erreichen wir das Innere zweier Dixie-Klos. Diese Atmosphäre ist doch einfach unvergleichlich. Genauso wie das sichere Gefühl, sich jetzt endlich vollständig bis abends von Toiletten fernhalten zu können.
- Nun machten wir uns auf einen schönen Sitzplatz zu finden. Locker spazieren wir um das Stadion und erfreuen uns an den an den Seiten sitzenden Leuten. Diszipliniert sitzen sie nicht auf dem Gehweg, sondern an den Seiten, die mit komischen rot/weißen Bändern ausgestattet sind. Fein, diese Deutschen. Nach weiterer Umgehung des Stadions fragen wir mal eine Mitarbeiterin, wo denn der Eingang sei. Wir erwarten ja schliesslich eine knubbelnde Menschenmasse irgendwo. Die nette Dame teilt uns mit, der Eingang sei dort (sie zeigt den Weg entlang, weiter in die Richtung in die wir schlenderten) und sagte im selben Atemzug: "Aber anstellen müssen Sie sich dort" (und weist mit dem Finger den ganzen Weg zurück, den wir kamen. Entmudigt schlendern wir zurück und setzen uns ans Ende der Schlange. Obwohl wir schon seit 20 Minuten dort sind, hat sich dieses Ende nicht wesentlich weiter nach hinten bewegt als zu unserer Ankunft. Sprich, wir bilden den Abschluss.
- Sitzenderweise (natürlich der prallen Sonne ausgesetzt) erfreuen wir uns an unserer Wegeszerhung und packen ein Schachspiel aus. In der Hoffnung, Emba erbarmungslos mit einem Durchlauf zu besiegen merke ich schnell, dass ich mit dieser Auffassung ähnlich richtig lag wie mit der, durch frühes kommen einen guten Platz zu erhaschen. Weiterhin wundere ich mich, dass permanent Menschen ankommen, die sich aber nicht hinter uns ansitzen, sondern störrisch weitergehen. Immerhin verjagt der Security-Dienst die Leute, die sich einfach in die Schlange eingliedern wollen. So wie wir anfangs .
- Das Schachspiel nähert sich dem Ende, ich verliere auf ganzer Ebene. Die Sonne wir auch stärker, und so langsam wird es etwas ungemütlich. Die Gedanken "Hält die Sonnencreme? Sitze ich hier richtig? Wo gehen die anderen hin? Soll ich nochmal schnell auf Toilette?" kontrollieren weitestgehend den Verstand. Da wir in unseren Rucksäcken jeweils ein 2l Tetra-Getränkepack gestaut haben, nibbeln wir fortlaufend an unseren zwei 1.5l Vittel-Flaschen. Die erste ist zu dieser Zeit aufgebraucht. Andy, der auf dem Mannheimer Robbie-Konzert war, hatte uns schon vorgewarnt, dass man Hartplastikflaschen am Eingang abgenommen bekäme und nur mit Tetrapacks eine Chance hätte. Also wollten wir die Vittels währenddessen leeren, und im Innenraum dann die Tetrapacks köpfen.
- Die Uhr nähert sich der magischen 15 Uhr Grenze. Ab dann ist Einlass. Gegen 14:45 stehen panisch alle Menschen auf, und die Schlangenbildung wird unterstützt durch die Securitys optimiert. Die Eingänge zu den Seiten lassen nun die ersten Tribünen-Zuschauer herein. Neidisch gucken wir in diese Richtung, und stehen brav in unserer Schlange, die sich fortan alle 5 Minuten um einen guten Meter sprunghaft nach vorne bewegt. Erst jetzt prallt die Sonne so richtig angenehm...
- Nachdem sich die Schlange nun der Zielkurve nähert (mit einer Wartezeit gegen unendlich, endlich kann man als Abiturient mal wieder Limes-Rechnung ansetzen!) sind wir von den Gesprächen der Mit-Stehenden schon fast ausgelastet. Man erfährt so richtig viel unnützes Zeug, wenn man wartet. Zum Glück erinnere ich mich an nichts weiter.
- Endlich, es ist knapp 16:15 Uhr, da erreichen wir die Kontrollinstanz. Die zweite Vittelflasche ist annähernd geleert und wir bereiten uns innerlich vor, ihr einen Abschied zu geleiten und danach die Tetrapacks zu öffnen. Weit gefehlt. Die nette Kontrolldame bittet uns zuerst die Rucksäcke zu öffnen und den Verschluss der Vittel-Flasche wegzuwerfen. Die 2l Tetrapacks, so sagt man uns, seien zu groß und müssen weggeworfen werden. Auf meine Frage, ob man sie nicht zur Hälfte leeren könne heißt es nur lapidar, es ginge ja um die Packungsgröße - die könne als Wurfgeschoss ausgenutzt werden. Man lässt uns letztlich ohne die Tetrapacks durch, die wir in eine gut mit weiteren Getränken gefüllten Mülltonne zurückgelassen haben. Sogar der Regenschirm wurde uns belassen. Dabei hatten wir viel eher damit gerechnet, diesen zurücklassen zu müssen. Aber gut. Robbie töten wir eh mit den 2kg Plastiksprengstoff in unseren String-Unterhosen.
- Um 16:25 organisieren wir uns unseren Stehplatz im Innenraum. Ziemlich weit vorne gibt es eine Gitter-Absperrung, die nur die ersten X Zuschauer durchliess. Erst ab dieser Absperrung, ca. 50m von der Bühne entfernt, drücken sich die anderen Menschen. Wir finden einen Platz gut 10m von der Absperrung entfernt und sind damit schon recht zufrieden. Wir können uns nach 2 Stunden Stehen nun endlich wieder setzen und lehnen uns gemütlich aneinander. Leider nervt uns kurz darauf, dass eigentlich jeder um uns herum meint, dem Kettenrauchen anheim fallen zu müssen. Und das in einem Stadion, dessen Decke nicht geöffnet ist. Menschen sind wohl wie Lemminge, die würden sich in einem geschlossenen Raum durch Rauch ersticken. Wir sind froh, unsere Intelligenz durch wüstes Grummeln über die Raucher kund zu tun.
- Jetzt ist es 17 Uhr, und ich entscheide mich spontan, doch nochmal die Toiletten aufzusuchen. Zwar ist es überall schon dichtgedrängt, aber ich wage das Abenteuer. An der Herrentoilette befindet sich eine Schlage von gut 60 Personen. 50 davon Frauen. "Aha", denke ich mir und stelle mich in der Mitte heimlich an. Kurz vor dem Zelt tippt mir eine Frau an die Schulter und meint: "Die Pissoirs sind ja frei, da können Sie doch einfach so durchgehen!". Ich laufe innerlich rot an und denke "und dafür stehe ich jetzt 20 Minuten an, dass ich hätte durchgehen können?". Nein. Nein. Nicht mit mir. Spontan entschliesse ich, einen größeren Toilettenbesuch vorzutäuschen: "Vielen Dank, aber ich glaube ich brauche die Sitzgelegenheit...". Nach weiteren 10 Minuten, an denen ständig Männer die Pissoirs besteigen und Frauen peinlich betucht versuchen wegzuschauen, schaffe ich es in eine Toilette. Die sogar bemerkenswerterweise hygienisch absolut genial ist. Da hätte man sich fast ohne das übliche Toilettenpapierabdeckritual hinsetzen können.
- Es folgt der schwerere Teil, über dessen Ausführung ich die letzten Minuten nachgedacht habe. Meine Emba wiederfinden. Optimistisch stürze ich mich in das Getümmel, bis ich verzweifelt ungefähr da ankomme wo ich meinte hinzumüssen, aber meine Geliebte nicht entdecke. Da ich anscheinend so hilflos um mich schaue und schon das Handy zücke, werde ich von der Seite angetippt und man weist mich auf den Standort meiner Freundin hin. Klasse Service, grinse ich, und laufe zu den wartenden Armen.
- Inzwischen ist es 17:30 und alle stehen schon. Der Auftakt naht. Wir begaffen die Video-Werbetafeln und hören zum 20.mal die Charlies-Angels Werbung, Wrangler Western-Werbung und einige Musikvideos. Nett gemeint, und teilweise auch echt gute Musik.
- Um 18:30 schafft es nun endlich der erste Act auf die Bühne. Sagt hallo zu Kelly Osbourne. Argh. Die ist ja noch schlechter als im Fernsehen, denke ich und habe Mitleid mit ihrem Versuch das Publikum zu amüsieren. Was ihr nicht gelingt. Eine halbe Stunde später dankt sie ab, und wir haben mittlerweile unsere Ohren mit genässten Taschentüchern beglückt. Laut ist's scho'.
- Die Bühne wird abgebaut, erneute Werbe-Beschallung und um 19:30 sagt uns Skin von Skunk Anansie guten Tag. Zwar sieht man ihr die sexuelle Orientierung deutlich an, aber ihre Stimme ist gewaltig. Die Lieder schwanken zwischen arg melodramatisch bis hin zu Mitsingen-und-tanzen-verleitend, und sie macht echt Action auf der Bühne. Wie ein Wirbelwind...Emba und ich sind begeistert. Um uns rum qualmt zwar immer noch ein halber Vesuv von unterhalb, den ein kleines Grüppchen von 3 Damen hat seit Anfang der Musik beschlossen doch noch sitzen zu bleiben. Das nervt.
- Skin beendet nach einer guten Stunde um 20:20 das Konzert, und es ist wieder stehendes Warten angesagt.
- Es ist 21 Uhr, pünktlich nachdem wir bereits 4,5 Stunden stehen lässt sich Robbie kopfüber von der Bühne abseilen. Die Videowand beginnt zu leben, ein Robbie-Schattenriss mit Engelsflügeln teilt sich und die Wand fährt geteilt in den Hintergrund. Das Eröffnungslied 'Let me entertain you' haut total rein, die Bühne komplett belebt. Überall laufen die Tänzerinnen und Robbie rum, alle sind aus dem Häuschen und singen mit. Das Lied rockt absolut, und Emba und ich können uns das freudestrahlende Grinsen nicht verkneifen.
- Die folgenden 2 Stunden Konzert gingen recht schnell um. Robbie hat weniger die Lieder von Escapology gespielt, sondern eher sein Alltime-Repertoire - das fand ich doch ziemlich klasse, denn die neuen Lieder kannte ich garnicht mal so gut. Seine Entertaining-Fähigkeiten sind wirklich zu lohnen, die Sprüche (wenn auch geplant) bringen einen immer zum Schmunzeln. Genauso wie seine Gestik und Mimik, die uns in den Bann zieht. Leider müssen wir fast immer auf die Videoleinwand schauen um ihn zu sehen; er selbst ist doch sehr weit weg.
- Wie schon im Radio erwähnt reißt er sämtliche Witze: Von seiner mangelhaften sexuellen Betätigung, bis zum Beenden seiner Beziehung jedes Weihnachten, dem Hinweis man solle immer wissen wo seine Drogen seien - denn immerhin sind sie teuer! - und dem Vorlesen von Plakaten der Zuschauer. Eines lautete etwas so: "Robbie, take us to your room, we are fucking brilliantly!". Ja, der freut sich der Robbie, und überlegt sich ob er drauf zurückkäme. Mehr von den Sprüchen fällt mir schon garnicht ein, alles lief irgendwie ab wie in seeliger Trance. Erst gegen Ende hoffte man, nun nicht mehr so lange stehen zu müssen...
- Nach zwei Zugaben und dem Final-Song 'Angels' beendet Robbie um 23 Uhr das Konzert.
- Wir strömen auswärts, machen noch einen Toilettenbesuch für Emba (...die sich darauf vermutlich fast mehr freute als über die Zugaben von Robbie und gehen dann zur Bahn. Den ganzen Weg über zweifle ich daran, die die 70.000 Menschen dem öffentlichen Verkehr zugeführt werden sollen. Aber irgendwie klappt das wohl, wiederhole ich Mantra-ähnlich für mich. Perfekt schlängeln wir uns jedenfalls durch die Massen und kommen am S-Bahnhof am Stadion an. Hier sind im Minutentakt die Bahnen bereitgestellt, und wir erreichen sogar einen Sitzplatz.
- Um gut 00:00 kommen wir im Gelsenkirchener Hbf an und fahren weiter Richtung Duisburg. Auch hier wieder ein Sitzplatz für uns, Strike!
- Als Rache für die Sitzplätze kommen wir um 00:25 Uhr am Duisburger HBf an. Eine Minuten, nachdem dort die letzte Bahn Richtung Köln aufgebrochen ist. Ein Mitarbeiter sagt uns, die nächste Bahn fährt um 2:40 hier ab. Wir sollen doch mit der S-Bahn nach Düsseldorf. Gesagt, getan.
- Um knapp 00:50 kommen wir in Düsseldorf an. Ein Blick auf den Fahrplan offenbart, dass der nächste Zug Richtung Bonn um 4:30 fährt. Gute Zeit, denken wir uns, und beginnen zusammenzusacken. Geplättet von der Fahrt und zwischenzeitlichen Nickerchen rufen wir Taxi Mama an und fragen, wie's denn so zuhause steht. Da uns meine Eltern wohl sehr lieb haben, bieten sie uns an, uns in Köln abzuholen. Also nehmen wir eine S-Bahn Richtung Köln.
- Um 1:50 kommen wir in Köln an, mein Vater steht schon bereit um uns mitzunehmen. Klasse! Noch schnell zu McDoof gesprungen und die erste warme Mahlzeit des Tages genossen, und die Rückfahrt angetreten.
- Es ist jetzt 3:20, und wir sind daheim angekommen. Glücklich sinken wir ins Bett, und schlafen sofort ein.
Bilder gibts hier!
Aus mir spricht der blanke Neid, ich hätte zu gerne mit euch stundenlang wartend in der Sonne gebrutzelt, TetraPacks mit einem weinenden Auge weggeworfen und meine Intelligenz durch den demonstrativen Verzicht auf meine geliebten Zigaretten bewiesen, jawoll!