Gestern abend haben wir uns in karnevalistischer Anti-Manier zur Spät(eren)-Vorstellung vom
Imaginarium of Doctor Parnassus geschleppt.
Parnassus ist der aktuelle Film von dem verschrobenen Meisterkopf Terry Gilliam, der uns Filme wie
Life of Brian und
Brazil und das von mir geliebte
12 Monkeys brachte -- aber auch den gefürchteten "Reboot" der
Brothers Grimm.
Zugleich ist dies auch der letzte Film, in dem Heath Ledger kurz vor seinem Tod teilnahm. Durch geschickte Rewrites wurde seine Rolle storymäßig so umgewoben, dass sie von Johnny Depp, Jude Law und Colin Farell beendet werden konnte.
Die Story entfaltet sich ungefähr so: Der durch einen Pakt mit dem Teufel unsterbliche Dr. Parnassus ist nach einigen tausend Jahren des Lebens ein verarmter Freakshow-Zirkus-Artist und reist mit seinem Trupp durch London. Der Clou seiner Show: Durch einen magischen Spiegel kann er Leute in eine Zauberwelt entführen, wo ihre Seele entweder dem Guten oder Bösen zugeführt werden kann. Mittendrin seine junge Tochter - und die soll mit ihrem 16. Geburtstag vom Teufel "eingelöst" werden.
Keine guten Aussichten für den Herrn Parnassus, also beginnt eine mystische Hetzjagd auf mehr Seelen, einen weiteren Pakt für/gegen den Teufel - und noch mehr mittendrin ein Gedächtnisverlorener Tony (Heath Ledger et al), der eine entscheidende Rolle zu spielen scheint...
Ich bin in den Film gegangen mit der Hoffnung, ihn uneingeschränkt spitze zu finden. Von der ersten Minute an merkt man Gilliams Stil genauso, wie man einen Tim Burton-Film meilenweit gegen den Filmstoff riechen würde. Die Charaktere agieren äußerst pathetisch, überzogen, theatralisch. Es ist schwer, sich in ihre Rollen hineinzuversetzen, da alles schrecklich überzeichnet ist.
Die 120 Filmminuten merkt man an jeder Ecke überquellen, alle Dialoge sind fast bis zum Fußnägelaufrollen übertrieben überzogen. Die triste Zwischenwelt wird leider viel zu selten aufgelockert durch die Gedanken-Wunderwelt des Doktors, und den einzigen Stellen wo der Film wirklich etwas Begeisterung übertragen kann. Insgesamt verläuft sich die Story leider in Detailverliebtheit und fehlender Aussagekräftigkeit.
Überall hört man, man müsse den Film mehrfach anschauen um seine Facetten erkennen zu können. Nun, mir sind beim ersten Ansehen schon kaum Facetten aufgefallen, der Film ist furchtbar dröge, selbstverliebt und deutungsverschlossen. Das Schauspiel von Ledger und Co wollte ich wirklich lieben, aber es wurde mir sehr schwer gemacht vor lauter Dialog-Schmu. Der Film wirkt wie ein einziges stylisches Musikvideo, dass von 5 auf 120 Minuten Inhalt aufgebläht wurde.
Und dann die letzten 15 Minuten des Films...
HERE BE SPOILERS
GO AWAY!
Was sollte das? Man wird total in der Luft gelassen, welche Rolle Ledger/Tony denn jetzt hier gespielt hat. War es ein "guter", "böser", "echter" Charakter? Hatte er auch eine mystische Zusatzbedeutung wie Parnassus (=Gatekeeper von Styx und moralische Entscheidungsnot) und dem Teufel? Der Tod von Tony wird aus meinen Augen überhaupt nicht mit Bedeutung gefüllt, und machte mich am Ende des Films auch echt etwas säuerlich.
Insgesamt ein Film, mit dem ich garnichts anfangen kann. Während ich interpretationsfähige Filme wie die von David Lynch ja wirklich liebe, und auch bei 12 Monkeys diverse Deutungsschichten und -wahrheiten gesehen habe, starrt mich Parnassus aus dem Nichts an. Man erleuchte mich bitte mit irgendwelchen offiziellen Deutungen, aber in diesem Interdings habe ich nirgendwo eine Interpretation oder Deutung finden können.
Höchst enttäuschte
2 von 10 IMDB-Punkten. ★★