Dienstag, 10. März 2009
Die Wette (The Ridiculous Race)
"Wenn einer eine Reise tut, dann hat er viel zu erzählen.".
Und wenn es zwei konkurrierende Personen sind, die eine Wette zur Umreisung der Welt veranstalten, dann hat man wohl noch mehr zu erzählen.
In Deutschland ist vor kurzem das Buch Die Wette erschienen, im Original The Ridiculous Race (Juli 2008).
Endlich mal wieder ein Buch, das man erwartungsschwängernd mit leichten Worten auf einem Klappentext beschreiben kann. Wem mein Einleitungssatz also noch zu vage erschien:
Das Buch handelt von zwei Vorzeige-Amerikanern namens Steve und Vali. Beide sind als TV-Autoren in Hollywood tätig (für American Dad! und My Name Is Earl), und brillieren damit, das europäische Schubladendenken über Amerikaner zu bedienen. Die beiden haben ein großes Sendungsbewusstsein, fühlen sich ultra-cool, leben in den Tag hinein, wissen alles besser und haben keinen Funken Gespür für die Probleme der Welt.
Aber so soll es nicht bleiben.
Denn die beiden schließen eine Wette zur Weltumrundung ab. Sie wollen mal etwas aufregendes, vorzeigefähiges erleben (Steve als Vorschuss für seine Memoiren, Vali wohl eher um die Frauen der Welt kennenzulernen und seinem Kumpel die Zunge rauszustrecken). Und damit alles nicht zu einfach wird, wollen die beiden vollständig auf Flugzeuge zur Weltbereisung verzichten. Somit liegt vor den beiden eine große Menge Ozean, und sehr viel Russ- und Ödland.
In sich abwechselnden Passagen berichten im Buch sowohl Steve als auch Vali authentisch (also tagebuch-mäßig) über ihre Reise. Beide sind in entgegengesetzte Richtungen aufgebrochen, so dass das Buch sich quasi inhaltlich auch entgegenläuft.
Irgendwo im Werbetext zu diesem Buch heißt es, das ganze reale Geschehen läse sich wie eine lange Simpsons-Episode. Dem wiederspreche ich nicht.
Beiden Autoren merkt man ihren Comedy-TV-Ursprung deutlich an, es gibt viele Passagen die sehr pointiert formuliert sind, und effektvoll präsentiert werden. Die Schreibstile der beiden sind auch angenehm voneinander abgesetzt, so dass die Kapitel sich abwechslungsreich lesen.
Steve ist der klassische moralische Erlebnisbummler, der versucht den tieferen Sinn in seiner Reise zu entdecken. Vali hingegen ist ein klassischer Draufgänger, Frauenheld und vor allem hämischer Gegenspieler von Steve.
Größter Vor- und Nachteil an Die Wette ist, dass das Buch sehr auf Unterhaltung getrimmt ist, sehr ähnlich wie eine Comedy-Serie. Das ist ein Vorteil, da man die 400 Seiten so schnell ausliest, bei jedem Umblättern mindestens 2-3mal laut schmunzeln muss und sich erfreut, dass das Buch abwechslungsreich und schnellebig ist. Es ist aber auch ein Nachteil, weil es so etwas wie "Charakterentwicklung", "Erlebte Kultur" und ähnliches nur am Rande anbaumeln lässt.
Häufig habe ich versucht, Analogien zum von mir geliebten Buch Vermessung der Welt (Daniel Kehlmann) herzustellen, in dem es ja auch um die (Pseudo)-Biographie zweier Weltenbummler geht. Obwohl dieser Vergleich sich aufdrängt, kann man beide Bücher im Kern nur schwer miteinander in Einklang bringen.
Kehlmann schreibt mit sehr subtilem Humor und beschäftigt sich auch mit den Gedankenwelten und motivationalen Erklärungsversuchen. Steve und Vali hingegen benutzen zeitweise Vorschlaghammer-Humor, und greifen auch sprachlich eher auf klassisches Trivial-Repertoire zurück - sind aber dafür auch deutlich abwechslungsreicher und moderner.
Die Deutsche Übersetzung, die ich gelesen habe, war überraschend locker und flüssig. Normalerweise bin ich kein Freund von Übersetzungen solcher Werke, die viel Slang-Humor beinhalten - aber den Übersetzern Schwarzer+Braun ist es gelungen, dies ins Deutsche zu transportieren. Zumindest ist mir an keiner Stelle eine holprige Übersetzung aufgefallen, die ich kritisieren könnte. Und da bin ich sehr penibel.
Wie man sieht, bin ich von Die Wette etwas gespaltener Meinung. Einerseits kann ich es wegen seines charmanten Humors und der Erzählweise uneingeschränkt empfehlen. Man kann sich als Leser an zahlreichen Stellen gut mit Steve und Vali identifizieren, wenn sie über ihre Kultur-Rezeption, Ängste und Erwartungen berichten.
Andererseits ist es ungefähr so tiefschürfend, wie die tägliche BILD-Lektüre.
Wer sich einfach mal etwas ablenkend amüsieren lassen möchte, und von der Couch aus an einer Reise teilnehmen möchte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.
Und wenn es zwei konkurrierende Personen sind, die eine Wette zur Umreisung der Welt veranstalten, dann hat man wohl noch mehr zu erzählen.
In Deutschland ist vor kurzem das Buch Die Wette erschienen, im Original The Ridiculous Race (Juli 2008).
Endlich mal wieder ein Buch, das man erwartungsschwängernd mit leichten Worten auf einem Klappentext beschreiben kann. Wem mein Einleitungssatz also noch zu vage erschien:
Das Buch handelt von zwei Vorzeige-Amerikanern namens Steve und Vali. Beide sind als TV-Autoren in Hollywood tätig (für American Dad! und My Name Is Earl), und brillieren damit, das europäische Schubladendenken über Amerikaner zu bedienen. Die beiden haben ein großes Sendungsbewusstsein, fühlen sich ultra-cool, leben in den Tag hinein, wissen alles besser und haben keinen Funken Gespür für die Probleme der Welt.
Aber so soll es nicht bleiben.
Denn die beiden schließen eine Wette zur Weltumrundung ab. Sie wollen mal etwas aufregendes, vorzeigefähiges erleben (Steve als Vorschuss für seine Memoiren, Vali wohl eher um die Frauen der Welt kennenzulernen und seinem Kumpel die Zunge rauszustrecken). Und damit alles nicht zu einfach wird, wollen die beiden vollständig auf Flugzeuge zur Weltbereisung verzichten. Somit liegt vor den beiden eine große Menge Ozean, und sehr viel Russ- und Ödland.
In sich abwechselnden Passagen berichten im Buch sowohl Steve als auch Vali authentisch (also tagebuch-mäßig) über ihre Reise. Beide sind in entgegengesetzte Richtungen aufgebrochen, so dass das Buch sich quasi inhaltlich auch entgegenläuft.
Irgendwo im Werbetext zu diesem Buch heißt es, das ganze reale Geschehen läse sich wie eine lange Simpsons-Episode. Dem wiederspreche ich nicht.
Beiden Autoren merkt man ihren Comedy-TV-Ursprung deutlich an, es gibt viele Passagen die sehr pointiert formuliert sind, und effektvoll präsentiert werden. Die Schreibstile der beiden sind auch angenehm voneinander abgesetzt, so dass die Kapitel sich abwechslungsreich lesen.
Steve ist der klassische moralische Erlebnisbummler, der versucht den tieferen Sinn in seiner Reise zu entdecken. Vali hingegen ist ein klassischer Draufgänger, Frauenheld und vor allem hämischer Gegenspieler von Steve.
Größter Vor- und Nachteil an Die Wette ist, dass das Buch sehr auf Unterhaltung getrimmt ist, sehr ähnlich wie eine Comedy-Serie. Das ist ein Vorteil, da man die 400 Seiten so schnell ausliest, bei jedem Umblättern mindestens 2-3mal laut schmunzeln muss und sich erfreut, dass das Buch abwechslungsreich und schnellebig ist. Es ist aber auch ein Nachteil, weil es so etwas wie "Charakterentwicklung", "Erlebte Kultur" und ähnliches nur am Rande anbaumeln lässt.
Häufig habe ich versucht, Analogien zum von mir geliebten Buch Vermessung der Welt (Daniel Kehlmann) herzustellen, in dem es ja auch um die (Pseudo)-Biographie zweier Weltenbummler geht. Obwohl dieser Vergleich sich aufdrängt, kann man beide Bücher im Kern nur schwer miteinander in Einklang bringen.
Kehlmann schreibt mit sehr subtilem Humor und beschäftigt sich auch mit den Gedankenwelten und motivationalen Erklärungsversuchen. Steve und Vali hingegen benutzen zeitweise Vorschlaghammer-Humor, und greifen auch sprachlich eher auf klassisches Trivial-Repertoire zurück - sind aber dafür auch deutlich abwechslungsreicher und moderner.
Die Deutsche Übersetzung, die ich gelesen habe, war überraschend locker und flüssig. Normalerweise bin ich kein Freund von Übersetzungen solcher Werke, die viel Slang-Humor beinhalten - aber den Übersetzern Schwarzer+Braun ist es gelungen, dies ins Deutsche zu transportieren. Zumindest ist mir an keiner Stelle eine holprige Übersetzung aufgefallen, die ich kritisieren könnte. Und da bin ich sehr penibel.
Wie man sieht, bin ich von Die Wette etwas gespaltener Meinung. Einerseits kann ich es wegen seines charmanten Humors und der Erzählweise uneingeschränkt empfehlen. Man kann sich als Leser an zahlreichen Stellen gut mit Steve und Vali identifizieren, wenn sie über ihre Kultur-Rezeption, Ängste und Erwartungen berichten.
Andererseits ist es ungefähr so tiefschürfend, wie die tägliche BILD-Lektüre.
Wer sich einfach mal etwas ablenkend amüsieren lassen möchte, und von der Couch aus an einer Reise teilnehmen möchte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.
Disclaimer: Mein Exemplar habe ich von den netten Leuten von Cohen+West zum Probelesen erhalten. Vielen Dank dafür!
absolute serokratie am : Bücher 2009
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