Am Wochenende habe ich mir
Fahrenheit geholt, nachdem ich schon die ganze Zeit ein Auge darauf geworfen hatte.
Dieses Spiel ist ein Meilenstein der Spielgeschichte für mich, aber es ist genial und nervig zugleich.
Grundsätzlich ist Fahrenheit kein Spiel, sondern ein interaktiver Film, etwas im Stile von Space Ace oder Dragon's Lair (wenn sich da jemand dran erinnern kann). Fahrenheit ist ein Mystery-Thriller-Action-Film und dreht sich um den Anti-Helden Lucas Kane, der als Besessener einen Mord begeht und dies versucht zu verarbeiten, während ihm gleichzeitig die Polizei auf den Versen ist.
In Fahrenheit spielt man keinen Einzelcharakter, sondern man spielt die Geschichte. Geschickt übernimmt man unterschiedliche Rollen des Mörders, der Polizei und anderer Beteiligter und erfährt so nach und nach unterschiedliche Brocken der Story, die sich Puzzleteil-ähnlich zusammenfügt und Hollywood-reif inszeniert ist.
Kameraführung, Dialoge, Spannungskurven und Erzählweise werden gekonnt zusammengefügt, so dass man sich wirklich wie in einem Film fühlt. Und jetzt kommen wir zu dem Schwachpunkt, dem Spiel-Element.
Dem Zuschauer, oder eher Spieler, wird an mehreren Passagen die Kontrolle über die Charaktere überlassen. Man kann sich in wechselnden Kameraperspektiven (teilweise frei änderbar) durch die Szenerie bewegen und einige Objekte ansehen/manipulieren.
Ungewöhnlicherweise steuert sich das Spiel am besten mit einem Gamepad und kommt ohne ein festes Interface aus. Kommt man an "aktive" Gegenstände, wird eine Auswahl an Interaktionsmöglichkeiten eingeblendet (ansehen, aufheben, aktivieren) die man per Gamepad aktiviert.
Die Steuerung des Charakters ist allerdings hakelig, da sich die Kamera bei Bewegung automatisch verändert und dabei leider die Gehweise des Charakters nicht einfach anpasst. Bewegte man sich eigentlich nach rechts, und scrollt die Kamera dann vor den Charakter, muss ich auf dem Gamepad weiterhin nach rechts drücken, obwohl sich der Charakter nach vorne bewegt. Erst wenn man stehenbleibt und wieder neu anläuft wird die Änderung der Richtung aktiviert - das steht leider im Gegensatz zu so fast jedem anderen 3D-Actionspiel und führt dazu, dass man häufig nicht mehr weiß, wohin man läuft.
Dieser Teil des Spiels ist der, der Spaß macht. Was nervig wird, sind die drei Geschicklichkeitseinlagen, die das Spiel bietet.
Einlage Eins ist ein Senso-ähnliches Spielprinzip. In der Bildmitte werden zwei Farbkreise angezeigt auf denen Farben aufleuchten, die man mit den Richtungstasten des Gamepads rechtzeitig drücken muss. Das ist nicht schwierig, sondern einfach nur Zeitschinderei und vorgetäuschte Interaktion. Schafft man ein Bewegungsmuster nicht, verliert man ein Leben und später die ganze Sequenz und beginnt von neuem. Leider wird man durch die Farbkreise aber so sehr von der Handlung abgehalten, dass das alles sehr kontraproduktiv wird.
Einlage Zwei wäre das schnelle und abwechselnde Drücken von zwei Gamepad-Buttons, wie zu besten WinterChallenge Zeiten. Also auch mehr als einfach schaffbar, aber sehr ablenkend.
Einlage Drei sind die Charakterdialoge. Damit die Story schnell vorangetrieben wird, hat man in Dialogen nur begrenzt Zeit (meist ca. 15 Sekunden), um sich eine Frage/Antwort auszuwählen. Dies finde ich noch die beste Interaktionsmöglichkeit, da man durch die Hektik wirklich ein Rollenspielelement benutzt und sich in das Geschehen einfügt. Und es treibt die Story natürlich zügig voran.
Die Grafik von Fahrenheit gibt Konsolenursprünge preis, aber wirkt trotzdem nicht zu antiquarisch. Motionblurs, Partikeleffekte und ein permanenter FilmGrain geben dem Spiel einen ganz eigenen Flair, der absolut zur Story passt. Gesichtsanimationen und MotionCapturing werden effektiv eingesetzt und sind größenteils sehr überzeugend. Erinnern mich sehr an GTA, wo die Animation fast hervorragend war, aber die Charaktermodelle eher halbgar.
Die Hauptschauspieler sind sehr professionell inszeniert und lassen sich hervorragend "einfühlen" - ihre Stimmungen, Motivation und Charakterzüge werden häufig ausgefüllt und bieten in kleinen Nebenhandlungen wirklich viel Tiefe. Die deutsche Synchronisation ist jedoch so mit das schlechteste, was ich in den letzten Jahren erlebt habe - unbedingt auf's Englische ausweichen!
Fahrenheit bietet ungefähr 12 Stunden Spielzeit, die man am besten gerafft zu sich nimmt und auf sich einwirken lässt. Ich war einfach nur von der Story mitgerissen und bin in eine ganz andere Welt abgetaucht, was mir bei nur wenigen Spielen der letzten Zeit so gut gelungen ist - perfekt zum Abschalten für den Alltag. Einzig mit den nervigen Geschicklichkeitseinlagen muss man sich gut stellen.
Daumen hoch!