Ein
Kind20-jähriges Mädchen wird durch ihren fiesen Vatermöpp etwas unsanft von Mutter und Schwester getrennt. Die familiäre Reduktion wird ihr angehaftet, also landet sie in einem
therapeuthischem Zentrum für aggressive weibliche Jugendliche. Da das ganze in einer Phantasiewelt der 50/60er Jahre spielt, ist auch der Lobotomist nicht weit entfernt, also gilt für
Baby Doll nur eins: Der ganzen Prozedur schnell entkommen. Praktischerweise entfleucht sie der Realität dank mehrschichtiger Wunschwelten, und organisiert so die Flucht aus dem Psycho-Gefängnis.
Klingt nach dem nächsten Oscar-verdächtigen Film? Nicht ganz, denn es ist der neueste Film von (u.a.)
300-Macher Zack Snyder. Durch seinen visuellen Style in 300 war er zügig en vogue: Lange Single-Shot-Action-Sequenzen, teils mit extremer Slow-Motion, überdefiniertem Körperkult und einem Fantasy-Flair.
Kurzum,
300 hat mir damals super gefallen, und auch in der von Snyder regierten
Watchmen-Comicverfilmung wurde sein Stil erkennbar eingesetzt.
Was kann da an seinem eingangs beschriebenen Werk namens
Sucker Punch schief gehen, zumal auch die Story von ihm stammt? Fast alles.
Aus den Reviews, die ich zu dem Film im vorhinein las/hörte, ließ sich eins schnell erkennen: Der Film muss totale Trash-Kost sein. Viele veruteilen den Film als stylishen Untergang des modernen Kinos, andere sehen ihn als übertriebenen
Exploitative an, und wieder andere schämen sich ob der unsinnmachenden Story.
Ich kann das gut nachvollziehen. Vor allem der Voice-Over-Text am Anfang und Ende des Films ist ein perfektes Beispiel dafür, wie unsinnig der ganze Film ist, und wie krampfhaft Snyder versucht aus einer Grundidee á la
Pan's Labyrinth ein episches Meisterwerk zu machen:
Who honors those we love for the very life we live? Who sends monsters to kill us. And at the same time, things that will never die. Who teaches us whats real, and how to laugh at lies. Who decides why we live, and what we'll die to defend. Who trains us, and who holds the key to set us free. It's you. You have all the weapons you need. Now fight! This is Sparta!
Wer hier nicht laut
WTF denkt, sondern hibbelig auf und abspringt: Dieser Film ist genau für DICH! Ich hatte mir ein spaßiges, smack-talk-förderndes Trash-Spektakel gewünscht, mit kultigen Actionsequenzen und einer netten grafischen (De)Konstruktion. Während die Dialoge diesen Trash-Status durchaus erreichen, ist der Film selbst an zu vielen Stellen einfach zu fragmentiert und versucht auf einer Meta-Ebene irgendetwas zu kommunizieren, was einfach keinen Sinn ergibt.
Durch die computerspiel-ähnliche Struktur des Films (es gibt 4 Levels plus
Bonuslevel, durch den die Mädels sich kämpfen müssen) weiß man im gesamten Film nach der Exposition schon genau, worauf alles hinausläuft. Dennoch wird man gequält mit gestelzten Charakteren, die Screentime verschwenden. Und dann immer diese grauenhaften Closeups auf die leeren, überschminkten Gesichter der Darstellerinnen, die alle zusammen ungefähr soviel Gefühle vermitteln können wie ein 12-er Pack Knut-Plüschfiguren bei Rudis Resterampe.
Die Hotness der Darstellerinen stand für meine Gefühle ungefähr auf einem Level mit den Computer-Effekten des Films. Nett gemeint, aber nicht wirklich gut. Die Actionsequenzen von 300 und Sucker Punch unterscheiden sich enorm; während man bei 300 sich ein permanentes Grinsen nicht aus dem Gesicht halten konnte, muss man bei Sucker Punch höchstens ab und zu seinen Facepalm weglächeln.
Die erste Actionsequenz ist dabei noch das Beste des ganzen Films, zudem auch untermalt vom besten Song des ganzen Films (Björks fulminantes
Army of Me). Überhaupt, der ganze Soundtrack ist mit Abstand das unterhaltsamste im Film. Alle Songs (
Tracklist) sind packend orchestriert, und vor allem in abwechslungsreichen Remix-Versionen eingebunden. Dafür fahren zwei Daumen aus.
Aber beim Rest? Nee, dem konnte ich selbst keinen trashigen Spaß abgewinnen. Würde der Film sich etwas augenzwinkender nehmen, hätte ich damit weniger Probleme gehabt. Aber Snyder tritt seine Grundidee so derart mit langatmigen Füßen, dass davon am Ende nur Kitschmatsch übrig bleibt. Wer eine etwas differenziertere Kritik zum Film hören möchte, dem sei
Episode 140 vom Slashfilm-Podcast ans Herz gelegt.
4 IMDB-Punkte